Hallo Lisa,
schön, dass du dir so viele Gedanken machst. Deine Frage ist sehr interessant und du hast sicher schon gemerkt, dass die Nagel-Branche ein heiß umkämpfter Markt ist und die Konkurrenz mit harten Bandagen kämpft.
Die Frage ist, wie professionell man an die Sache rangeht. Wobei ich jetzt nur von mir selbst reden kann, ich sehe mich als Semi-Profi. Zum einen, weil ich das nur als Nebenjob mache und mich hauptberuflich auch in einem ganz anderen Bereich sehe. Zum anderen, weil ich zwar fortgeschritten bin (man kann mich zumindest auf die Kunden loslassen, hihi), aber natürlich noch lange nicht den Kenntnisstand und die Berufserfahrung habe wie manche anderen hier im Forum und anderswo. Es ist einfach so, dass eine gewisse Erfahrung - sowohl beruflich als auch menschlich - dazugehört.
Klar ächzen alle unter den Sprüchen von Kunden wie zum Beispiel: "Kann man da am Preis noch was machen?", "MÜSSEN Sie denn da unbedingt noch dran verdienen?", gefolgt vom fast vorwurfsvollen "Ich dachte, Ihnen macht das Spaß!" und das altbekannte "Die XY macht mir die Nägel für 10/ 15/ 20 €!". Das kann man beliebig weiterführen. Letztlich ist es so wie überall im Leben: You get what you pay for! Heißt, wer billig zahlt, bekommt auch billig. Nicht immer ist billig auch preiswert im Sinne von "den Preis wert". Nägel für 20 €, die nur 10-14 Tage halten, sind in einem Monat teurer als ein anständiges Refill für 30-35 €.
Beispielsweise Friseure: es gibt so unterschiedliche Konzepte, und obwohl sich Menschen die Haare seit Jahrzehnten selber färben und heute (dank Youtube-Tutorials) auch selber schneiden, gibt es immernoch genügend Friseure. Ich färbe auch schon mal selbst und leg auch mal die Schere oder den Haarschneider an. Aber wenn wir zum Friseur gehen, diskutieren wir nicht deren Preise und ein Trinkgeld ist auch immer drin. Ich wünschte, das würde beim Nageln auch so laufen. Das eine schließt das andere ja nicht aus. So habe ich auch viele Kundinnen, die sich die Nägel schon mal selbst gemacht haben und dann feststellen mussten, dass das ja doch nicht sooo einfach ist.
Klar nerven mich die Schwarznagler auch. Gerade hatte ich wieder so einen Fall. Eine Interessentin schrieb mich an, schickte mir Bilder von ihren Nägeln. Sah wirklich bescheiden aus, die Arbeit. Ich hab sie lange und ausführlich beraten (von dem Wissen, welches ich mir durch Schulungen teuer erworben habe). Wir haben auch einen Termin vereinbart, es hat ihr alles sehr zugesagt und sie war auch sehr nett, Chemie hätte zwischen uns gestimmt. Das ist nämlich auch ein sehr wichtiger Punkt in dem Job, wie ich finde!
Naja, jedenfalls sagte sie dann kurzfristig ab. Sie bräuchte auch keinen neuen Termin, denn ihre Arbeitskollegin macht ab sofort auch Gelnägel. Ich habe dann den Termin storniert und bin freundlich geblieben, obwohl es mich schon ein bisschen gepiesackt hat. Jedenfalls habe ich ihr mitgeteilt, dass sie sich dennoch jederzeit wieder bei mir melden kann, falls die Nägel von der Kollegin doch nicht ihren Vorstellungen entsprechen und sie doch einen Termin mit mir möchte. Ich habe ihr bewusst eine Tür zu mir offen gelassen, weil mir schon fast klar ist was da läuft. Man erhofft sich ein Schnäppchen zu machen, eventuell will man der Kollegin ja auch einen Gefallen tun. Und wenn die Dame ungeschult und/ oder unerfahren ist, wird die Kundin mit großer Wahrscheinlichkeit auch dort nicht richtig zufrieden sein. Manchmal sind diese dann hinterher die nettesten und treuesten Kundinnen. Ich denke, dass hier auch wieder der Preis eine Rolle spielt. Mit schwierigen Vorfällen im Berufsleben professionell umgehen, würde ich auch dazu zählen. Dass man Dinge nicht allzu persönlich nimmt, aber das muss man erst lernen.
Auch habe ich eine Kundin verloren, bei der wir jetzt beide festgestellt haben, dass ich die Nägel bei ihr leider nicht zum Halten bringen kann. Acrylpulver im Haftgel und Ultrabond-Haftgel waren meine letzten Möglichkeiten. Letztlich hätte ich ohnehin das Handtuch geschmissen, denn von dem Punkt an wusste ich mir keinen Rat mehr. Die Nägel fallen bei ihr nach ein paar Tagen bis max. 2 Wochen "einfach so" ab. Eine andere Kundin erzählte mir jedoch, dass sie an den Nägeln rumpiddelt. Gerne hätte ich was dazu gesagt, aber mein Standpunkt lautet Verschwiegenheit. Das heißt, ich höre mir alles an, erzähle nix weiter und kommentiere es nicht, wenn es um andere Personen geht. Noch so etwas, was ich unter Qualitäten einer Naildesignerin verbuchen würde.
Ich denke, dass man auch mal lernen muss "nein" zu sagen oder einen Auftrag abzulehnen, wenn man merkt, dass da nix draus wird. Da ist es natürlich positiv, wenn man wie ich z. B. den Luxus genießen kann, dass man auf ein oder zwei Kundinnen mehr oder weniger nicht angewiesen ist.
Letztlich habe ich auch bemerkt, dass billige Preise auch Billig-Kunden anlocken und dass Billigheimer die schwierigste Sorte von Kundschaft sind. Außerdem musst du deine Preise ordentlich durchrechnen. Wenn dir unterm Strich nix bleibt, machst du dauerhaft keine gute Arbeit. Weil bei aller Freude niemand langfristig hochmotiviert bleibt, wenn er Verluste einfährt.
Den Spruch von Kathrin muss ich mir da mal merken, das mit dem Ferrari fahren und Fiat zahlen. Genauso ist es nämlich.
Ich sage nicht, dass günstig=schlecht ist und teuer=gut, keinesfalls! Aber ich erkläre meinen Kunden auch immer, dass Hygiene Geld kostet, dass gutes Material Geld kostet, eine Betriebshaftpflicht kostet Geld und Weiterbildungen ebenfalls. Auch das Erlernen neuer Techniken ist mit Aufwand an Geld, Zeit und Nerven verbunden.
Ich bin zum Beispiel leider recht untalentiert, was Malereien betrifft. Eine meiner Kundinnen kam mal mit einer Vorlage an, auf der mit One-Stroke und lauter Kleingedöns gemalt wurde. JA, warum ICH so etwas denn nicht kann? Ganz einfach, wenn ich für Kurse + Material erstmal 250-300 € investieren muss, WER ist denn dann freiwillig bereit für aufwändige Nail-Art mehr zu zahlen? Sicher wird sich mein Angebotsportfolio im Laufe der Zeit erweitern. Aber meist läuft es darauf hinaus: "Das ist aber schön, dass Sie das jetzt auch anbieten! Aber wir bleiben doch lieber beim normalen French." oder eben: "WAS? 50 Cent pro Nagel? Nee, mir reichen eigentlich die 2 Gratis-Schmucknägel. Nächstes Mal vielleicht...".
Das gilt natürlich nicht für die Naildesignerinnen, bei denen außergewöhnliche Nailart zum Konzept gehört und die auch die entsprechenden Liebhaberinnen solcher Kunst unter ihren Kundinnen haben, die für solche Designs auch gerne etwas mehr bezahlen.
Also:
- gutes Material
- zügige, aber genaue Arbeitsweise
- Konzept (wer bin ich und was biete ich wem zu welchen Bedingungen an)
- geregelte Öffnungszeiten oder zumindest gute Erreichbarkeit
- ordentliche Preiskalkulation
- Hygiene
- regelmäßige Weiterbildung
- aktives Marketing (Für Vollzeit-Studios existenziell!)
- gute Beratung
- ganz viel Einfühlungsvermögen (man ist teilweise auch Seelenklempner und Kunden sind sehr sensibel)
- Diskretion
- Konsequenz (zum eigenen Abgrenzen und nötigenfalls auch "nein" zu sagen)
Das wären so die wichtigsten Eigenschaften, die mir jetzt so einfallen. Sicher könnte man die Liste noch vervollständigen.
Liebe Grüße!